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Entwicklung des Missbrauchs psychotroper Pflanzen und Pilze in Deutschland – Interpretation der Zahlen aus 3 Giftinformationszentren für die Jahre 2007–2013. DAS GESUNDHEITSWESEN 2018; 80:532-539. [DOI: 10.1055/s-0042-108644] [Citation(s) in RCA: 0] [Impact Index Per Article: 0] [Reference Citation Analysis] [Abstract] [Track Full Text] [Journal Information] [Subscribe] [Scholar Register] [Indexed: 10/21/2022]
Abstract
Zusammenfassung
Ziel der Studie: Durch eine Fülle von Informationen im Internet sind psychotrope Pflanzen und Pilze von steigender Bedeutung als legale und billige Alternative zu klassischen Rauschdrogen. Da Daten zum Missbrauch biogener Rauschdrogen in Deutschland bisher fehlen, wurden entsprechende Fallberichte von drei deutschen Giftinformationszentren (GIZ) untersucht.
Methodik: Die Daten der durch die GIZ in Berlin, Erfurt und Freiburg zwischen 2007 und 2013 erfassten Missbrauchsverdachtsfälle (MVF) mit ausgewählten biogenen Rauschdrogen wurden retrospektiv ausgewertet.
Ergebnisse: 602 MVF mit biogenen Rauschdrogen wurden durch die GIZ dokumentiert. Davon entfielen 52% auf die Exposition tropanalkaloidhaltiger Pflanzen (Engelstrompete, Stechapfel, Tollkirsche), 25% auf psilocybinhaltige Pilze und 10% auf Muskatnuss. Am häufigsten wurden Expositionen mit Engelstrompete berichtet. Tropanalkaloidhaltige Pflanzen werden überwiegend von Jugendlichen konsumiert, wohingegen psilocybinhaltige Pilze in der Mehrzahl von jungen Erwachsenen und Muskatnuss mehrheitlich von Schulkindern zu Missbrauchszwecken aufgenommen werden. Nach dem Abusus von Engelstrompete, Stechapfel und Tollkirsche traten in 55% der Fälle mittelschwere und schwere Symptome auf. Durch die GIZ erfolgte in mehr als 90% der MVF mit tropanalkaloidhaltigen Pflanzen und psilocybinhaltigen Pilzen eine Therapieempfehlung zur stationären Behandlung. Mydriasis, Halluzinationen, Tachykardie und Agitiertheit wurden als häufigste Symptome nach der missbräuchlichen Aufnahme biogener Drogen identifiziert.
Schlussfolgerung: Die Daten der 3 GIZ lassen einen Rückschluss zum Missbrauch biogener Drogen in Teilen Deutschlands zu. Der Abusus biogener Drogen zeigt insgesamt eine abnehmende Tendenz, was wahrscheinlich mit dem zunehmenden Aufkommen neuer synthetischer Designerdrogen („Legal Highs“) zusammenhängt. Engelstrompete wurde am häufigsten missbräuchlich aufgenommen, was die Bedeutung einer leichten Verfügbarkeit beim Abusus von Pflanzen und Pilzen unterstreicht. Die steigende Tendenz der missbräuchlichen Exposition von Muskatnuss kann als überraschendes Ergebnis bewertet werden.
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