Abstract
Hintergrund
In der ICD(International Classification of Diseases)-11 ändern sich die Kriterien für die Diagnose der Substanzabhängigkeit.
Ziel der Arbeit (Fragestellung)
Erörterung der Vor- und Nachteile der neu verfassten Diagnosekriterien.
Material und Methoden
Diskussion unter Berücksichtigung neurobiologischer, sozialer und klinischer Forschungsergebnisse.
Ergebnisse
Im ICD-11 werden wie bisher Abhängigkeitserkrankungen und schädlicher Gebrauch unterschieden. Zur Diagnose der Abhängigkeit werden die ehemals 6 Diagnosekriterien in 3 Paaren gebündelt, von denen künftig 2 erfüllt sein müssen. Innerhalb der Paare genügt ein erfülltes Kriterium, damit das Paar als bejaht gilt. Unter Bezugnahme wissenschaftlicher Erkenntnisse im Suchtbereich zeigen sich Vor- und Nachteile. Hierbei könnte sich die Spezifität der Diagnosestellung gegenüber dem ICD-10 verschlechtern, da pro Paar nur ein Kriterium erfüllt sein muss und somit die Möglichkeit besteht, dass nicht problematisches Konsumverhalten inkorrekt pathologisiert und falsch diagnostiziert wird. Das erscheint als problematisch, da die Definition des ICD-10 „Anhaltender Konsum trotz eindeutiger schädlicher Folgen“, im ICD-11 weiter gefasst wird als „Oft fortgeführter Konsum trotz Auftreten von Problemen“. Dies könnte dazu führen, dass das Kriterium einfach deshalb erfüllt wird, weil der Konsum einer Substanz in einem bestimmten Land illegal ist. In der bisher größten multinationalen Studie in 10 Ländern zur Konkordanz der Diagnosesysteme wurde unter Verwendung der ICD-11 die Alkoholabhängigkeit ca. 10 % häufiger gestellt als mittels ICD-10.
Schlussfolgerung
In der ICD-11 werden die Diagnosen der Substanzabhängig und des Missbrauchs als klinisch sinnvolle Syndrome aufrechterhalten. Ob die diagnostischen Neuerungen in der Praxis hilfreich sind oder beispielsweise negative soziale Auswirkungen für die Betroffenen im Sinne unangemessener Pathologisierung mit sich bringen, ist systematisch zu prüfen.
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